FOKUS AUF AKRAPOVIC: DIE KÖPFE HINTER DEM KLANG
News vom: 09.10.2019

News


Es ist ein offenes Geheimnis, dass Synergien sowohl KTM als auch Akrapovic dabei geholfen haben, im Laufe ihrer 20 Jahre andauernden Partnerschaft immer stärker zu werden und nicht nur Produkte für das Red Bull KTM Factory Racing, sondern auch für „normale“ Fahrer zu entwickeln. Der KTM Blog sieht sich die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft dieser soliden Partnerschaft genauer an.


@Sebas Romero

Zuerst ein paar Fakten: 130 Weltmeistertitel, 76 mit KTM, und 9 Red Dot Awards für Design im Laufe von 28 Jahren im Geschäft. Gegründet von einem ehemaligen Rennfahrer, der seine Motorsport-Leidenschaft in Produkte einfließen ließ, die in Sachen Qualität und Performance ihresgleichen suchen und ein Name, der für die besten Komponenten am Markt steht. Da kann nur ein Unternehmen gemeint sein: Akrapovic.

Um zu erfahren, wie die großen Errungenschaften der Marke in den höchsten Klassen des Motorsports in Produkte für Rennfahrer an der Basis einfließen, hat sich der KTM Blog mit einigen der Köpfe hinter dem Klang bei Akrapovic unterhalten, unter anderem mit dem Head of Racing R&D, Alojz „Slavko“ Trstenjak.

Slavko Trstenjak @Akrapovic

Slavko arbeitet seit der Gründung des marktführenden Herstellers an der Seite von Igor Akrapovic und hat seine eigenen Verantwortungsbereiche, viel Erfahrung und ganze Bücher voller Geschichten, die sich um seinen Weg mit dem Unternehmen und seinem heute 1200 Mitarbeiter zählenden Team ranken.

„Ich begann Anfang 1993 als Vollzeitbeschäftigter bei Akrapovic, hatte aber bereits vorher einige Monate lang dort gearbeitet. Am Anfang als Mechaniker, als Motorenbauer. Damals spezialisierte sich das Unternehmen auf Motorrad-Tuning und verlegte sich später auf Auspuffanlagen. In den ersten Jahren verrichteten wir alle mehrere Jobs und waren in verschiedenen Bereichen tätig. Das war notwendig, da wir nur wenige Mitarbeiter hatten – weniger als zehn. Danach verlagerte ich mich auf die Testarbeit am Prüfstand an der Seite von Igor Akrapovic und entwickelte neue Auspuffanlagen und neue Konfigurationen. Das tat ich fast zehn Jahre lang. Später übernahm ich die Leitung der damals relativ kleinen Forschungs- und Entwicklungsabteilung, die nach ein paar Jahren über 40 Ingenieure beschäftigte. Dann wurde ich zum Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung für den Rennsport, wo wir Rennauspuffanlagen für alle Arten von Motorrädern entwickeln.“

Joel Smets (2003) @KTM

In dieser Zeit feierte das slowenische Unternehmen eine umwerfende Anzahl von Siegen in vielen verschiedenen Disziplinen, und danach gefragt erinnert sich Slavko an einige seiner persönlichen Highlights:

„Ein unvergesslicher Meilenstein war unser erster Weltmeistertitel mit einer Akrapovic-Auspuffanlage – mit Honda und Colin Edwards in der Superbike-Weltmeisterschaft. Dieser Titel war das Resultat von fast zehn Jahren harter Entwicklungsarbeit und unzähligen Superbike-Weltmeisterschaftsrennen und Rennen zur deutschen Meisterschaft. Ein Jahr zuvor war uns ein weiterer Coup gelungen: Wir unterschrieben eine Partnerschaft mit allen japanischen Motorradherstellern in der Superbike-Weltmeisterschaft. Alle japanischen Werksteams und auch das Aprilia-Werksteam vertrauten auf unser Know-how und unsere Errungenschaften. Für mich persönlich als großen Offroad-Enthusiasten war es besonders erfreulich, dass ich dem Unternehmen auch dabei helfen konnte, Auspuffanlagen für Offroad-Motorräder zu entwickeln. Unsere ersten Erfolge stellten sich dann auch recht schnell ein, einschließlich unseres ersten Motocross-Weltmeistertitels mit KTM und Joël Smets und dem Sieg der Rallye Dakar mit einer 2-Zylinder-KTM.“

Die besondere Beziehung zwischen KTM und Akrapovic garantiert höchste Qualität und eine perfekte Passform.

Thierry Van Den Bosch (2004) @KTM

„Von Anfang an basierte die Kooperation zwischen KTM und Akrapovic auf dem Informationsaustausch in den frühen Phasen der Entwicklung und der gemeinsamen Suche nach den besten Lösungen. Im Laufe der Jahre hatten wir großen Einfluss auf den Designtrend der Auspuffanlagen bei den serienmäßigen Offroad-Bikes von KTM, besonders im Offroad-Bereich. Unsere Ingenieure sind üblicherweise bereits in den frühen Entwicklungsphasen des Motorrads und bei den Vorserienmotorrädern in den Prozess eingebunden. Wir bauen Prototypen für die Basis-Tests bei KTM, die dann für die Entwicklung anderer Komponenten wichtig sind. Diese Arbeitsweise wird besonders stark in bestimmten Motorsport-Kategorien wie der MotoGP™ angewandt, wo die Auspuffanlagen zur gleichen Zeit wie alle anderen Komponenten entwickelt werden und wo am Ende alle Komponenten zu einem harmonischen Ganzen zusammengefügt werden. Heute können alle Teile als 3D-Modell entwickelt werden und diese 3D-Modelle werden dann unter den Ingenieuren geteilt. So kann die Arbeit gleichzeitig erfolgen.“

Was den Entwicklungsprozess der Teile für die Serienmotorräder und die für das Red Bull KTM Factory Racing angeht, gibt es einige Unterschiede. Dabei geht es hauptsächlich um das Timing, da neue Designs zuerst im Rennsport entwickelt werden, und noch um andere Faktoren. Slavko erläutert das für uns etwas detaillierter:

„Wir entwickeln die Auspuffanlagen für reine Rennmotorräder grundsätzlich vor jenen, die für Serienmotorräder gedacht sind. Unsere Forschungs- und Entwicklungsabteilung für den Rennsport hat mit der Entwicklung der Auspuffanlagen für die KTM-Serienmotorräder überhaupt nichts zu tun. Diese werden gesondert von KTM in Zusammenarbeit mit der Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Akrapovic entwickelt. Hier arbeiten die Ingenieure während der Entwicklungsphase sehr eng zusammen und bauen erste Prototypen, die dann die Richtlinien festlegen, die bei der Entwicklung moderner Auspuffanlagen zum Tragen kommen. Zum Beispiel die Form und Umweltauflagen im Zusammenhang mit Emissionen und Geräuschentwicklung.“

Fabrizio Meoni (2004) @KTM

„Bei den Auspuffanlagen für Rennmotorräder wird die Form exklusiv von unserer Forschungs- und Entwicklungsabteilung für den Rennsport entwickelt und auch die Richtlinien werden von uns geliefert. Bei den Serienmotorrädern wie der Adventure-Baureihe sind die KTM-Designer bei der Festlegung der Form eingebunden. Wir folgen dem Motto ‚die Form folgt der Funktion‘ und entwickeln unsere Auspuffanlagen dafür, dass sie auch verwendet werden und dank der engen Zusammenarbeit mit den Werksteams, die unsere Anlagen benutzen, bekommen wir viel Feedback und können wertvolle Erfahrungen sammeln.“

Obwohl Slavko die Entwicklungsarbeit für Serienmotorräder nicht beaufsichtigt, beeinflusst die harte Arbeit seines Teams das Design des Endprodukts.

„Bei uns fließen das Wissen und die Erfahrungen im Rennsport definitiv in unsere Produkte für Serienmotorräder ein. Wenn man sich die Offroad-Motorräder ansieht, ist es ein Vorteil für Endkunden, dass sie eine Auspuffanlage kaufen können, die im Wesentlichen identisch ist mit der, die auch von den KTM-Werksteams und damit von Cairoli, Herlings, Prado und anderen eingesetzt wird. Meistens gibt es nur minimale Unterschiede bei bestimmten Komponenten, die vom Layout diktiert werden, aber in Sachen Performance, Gewicht und andere Charakteristiken versuchen wir, so viel wie möglich von den Rennkomponenten in die Auspuffanlagen für die Serienmaschinen mitzunehmen. Die Auspuffanlagen für Enduro und Hard Enduro sind praktisch identisch.“

Antonio Cairoli (2012) @KTM

Jede Kategorie des Motorsports verlangt nach unterschiedlichen Spezifikationen, um die Bedürfnisse der Fahrer zu bedienen und, natürlich, zu gewinnen. Dank seines riesigen Teams aus Ingenieuren und Wissenschaftlern kontrolliert Akrapovic alle Faktoren der Entwicklung. Mit Hilfe eines eigenen Metallurgie-Labors kann das Unternehmen sogar die Eigenschaften des Titans bestimmen, bevor es geformt wird, um eine perfekte Verarbeitung zu garantieren. Slavko fährt fort und erläutert einige Unterschiede zwischen den einzelnen Disziplinen:

„Die Verarbeitungsqualität selbst bietet einen Mehrwert, für den Akrapovic seit seiner Gründung steht. Wir konnten die Langlebigkeit vieler Auspuffanlagen auch durch die Verwendung ganz spezieller Materialien verbessern: Der Rallysport ist etwa die einzige Kategorie des Motorrad-Rennsports, in der wir ein 1,2 mm starkes Titanblech anstatt der üblichen 0,9 mm starken Rohre einsetzen. Rallys dauern sehr lange und auch die Auspuffanlagen der Amateurfahrer müssen eine brutale, zweiwöchige Tortur überleben. Aus diesem Grund sind die Wahl des richtigen Materials und die Optimierung so wichtig. In der MotoGP™ geht es zum Beispiel sehr stark um das Gewicht, weshalb wir dort 0,65 mm starke Rohre einsetzen. Gleichzeitig müssen wir sicherstellen, dass das Material den hohen Temperaturen, Belastungen und Drücken standhält, die in einer Auspuffanlage entstehen. Deshalb widmen wir der Wahl des Materials und konstanten Checks viel Aufmerksamkeit. All das kommt auch bei der Auswahl des Materiallieferanten ins Spiel.“

„Die Marke Akrapovic ist für seine rennerprobten Produkte bekannt. Sie wurde im Rennsport geboren, wo es um Performance, geringes Gewicht, großartigen Sound, Fahrbarkeit, Gasannahme und andere Eigenschaften geht. Damit ein Produkt all das erreicht, muss man alles geben und auf jedes Detail, jedes Gramm und jedes Halterungselement achten.“


153580_Brad-Binder-_-Staff-KTM-RC250-GP-Aragon-2016_Resized
Brad Binder (2016) @FocusPollution

Auf die Frage, was Akrapovic so besonders macht, werden 99 % aller Motorradfahrer Qualität und Liebe zum Detail nennen. Der Großteil schätzt außerdem noch den unverwechselbaren Sound.

„In Anbetracht der Fülle an Motorsport-Kategorien, die es heute gibt, können wir nicht garantieren, dass jede Auspuffanlage den typischen Akrapovic-Sound liefert. Wir bemühen uns aber auf jeden Fall, den Sound jedes Systems so aufregend wie möglich zu machen. Es ist schlicht unmöglich, den Klang so vieler verschiedener Meisterschaften zu vergleichen – den der Enduros mit dem der MotoGP™-Bikes zum Beispiel. Oft bestimmt die Konfiguration der Bikes den Sound der Auspuffanlage. Wir investieren aber immer viel Zeit, um sie gut abzustimmen, um für den Fahrer und die Umwelt bestmöglichen Klang herauszuholen.“

Nachdem wir verschiedene Designs kreiert, Modelle simuliert und Prototypen produziert haben, schreiten wir zur eigentlichen Testphase. Selbst in einem Zeitalter der fortgeschrittenen Computer-Technologien und akkuraten Simulationen folgt Akrapovic einem intensiven Programm aus Prüfstand-Tests und Rennstrecken-Tests, da der Erfolg eines Produktes auf der Strecke schlussendlich direkt von den Vorlieben des Fahrers bestimmt wird.

Pol Espargaro (2018) @Sebas Romero

„Im Offroad-Bereich testen wir unsere Produkte auf der uns nahegelegenen Motocross-Strecke und führen viele Tests mit Rennfahrern und Teams durch. Außerdem nehmen wir an verschiedenen Orten an den Tests der Werksteams teil, die üblicherweise im Winter in Italien oder Belgien stattfinden. Dort geben wir unseren Produkten den letzten „Feinschliff“ und entscheiden uns für die Konfiguration. Am Prüfstand können wir nur Messungen vornehmen und Resultate auswerten. Der Prüfstand selbst entscheidet aber nicht, welche Konfiguration die beste ist. Deshalb müssen wir Entwickler und Ingenieure eine Vorauswahl treffen, während die finale Entscheidung den Rennfahrern obliegt. Unsere Philosophie ist, dass der Endverbraucher zufrieden sein muss. Wenn der Fahrer mit der Kraftentfaltung oder dem Ansprechverhalten des Motors nicht zufrieden ist, haben wir unser Ziel nicht erreicht – ganz egal, was wir am Prüfstand gemessen haben. Vom Konzept her beginnt die Entwicklung einer neuen Auspuffanlage am Reißbrett oder am Computer und damit, dass wir einen Prototypen bauen. Dem folgen Vergleichstests am Prüfstand und weitere Tests. Zuerst kommen unsere Testfahrer zum Einsatz, bevor die Werksfahrer dann die finalen Tests durchführen. Auf diesem Weg können wir unser Feedback zu den Konfigurationen auswerten und sicherstellen, dass unsere Richtung stimmt und prüfen, ob die Ergebnisse unseres Feedbacks relevant sind oder nicht.“

„Jede Auspuffanlage ist einzigartig und hat seine ganz eigene Entwicklungsgeschichte; bei uns gibt es keine Universal-Auspuffanlagen. Jede Auspuffanlage wird für ein spezielles Motorrad entwickelt, in Sachen Power und Gewicht optimiert und besteht jede Typenzulassung, die auf ein solches System zutrifft.“

Nathan Watson (2019) @Future7Media

Bei Akrapovic ruht man sich außerdem nicht auf errungenen Lorbeeren aus! Jahr für Jahr werden Produkte weiterentwickelt und neue Produkte herausgebracht, um die Stellung der Marke als wichtigster Auspuffhersteller der Welt zu sichern. Ein Beispiel dafür ist der brandneue Look der KTM ENDURO-Baureihe des Modelljahres 2020.

„Eine neue Form beschreibt einen Neuanfang bei der EXC-Familie. Wir haben uns mit den am stärksten belasteten Teilen der Auspuffanlage und den Schwachpunkten beschäftigt und viel geforscht, um die aktuellen Systeme zu verbessern und zu optimieren. Aus diesem Grund besitzen die neuen Anlagen ein „Relief-Profil“ am Auspuffmantel. Es verbessert ihre Haltbarkeit und Kratzfestigkeit und macht sie weniger anfällig für die Schläge und Beschädigungen des täglichen Enduro-Einsatzes. Das Entwicklungsziel bestand darin, auf engem Raum maximales Volumen und ein für die Umwelt erträgliches Geräuschniveau zu garantieren.“

@Akrapovic

Zum Abschluss fragten wir Slavko, was seiner Meinung nach der größte Vorteil eines Akrapovic-Auspuffs für einen KTM-Fahrer ist – unabhängig vom Fahrkönnen:

„Der größte Vorteil für Endkunden ist die Tatsache, dass unsere Auspuffanlagen aus den gleichen Materialien bestehen und die gleichen Lösungen beinhalten wie die, die wir für die Werksbikes entwickeln. Manchmal sind sie sogar von der Konfiguration her identisch. Endkunden kaufen ein Produkt, das für Weltmeister einwickelt wurde – egal, ob sie selbst Rennfahrer oder Hobbyfahrer sind. Der Endkunde erhält ein Produkt, welches das Resultat unserer Zusammenarbeit mit Werksteams ist. Das ist mir besonders wichtig.“+


Text: Billy Giltrow
Bilder: KTM, Akrapovic
Zum Hauptartikel